Ampel leuchtet für die Photovoltaik tiefgrün  

In Zeiten erheblicher Energiepreissteigerungen haben SPD, Grüne und FDP am 24.11.2021 ihr Regierungsprogramm für die nächsten vier Jahre vorgestellt. Der Blick in das Klima- und Energiekapitel des Koalitionsvertrags unterstreicht: Nie war es für Unternehmen wirtschaftlich lukrativer, energiepolitisch getragener und klimapolitisch drängender, in die eigene Stromversorgung mit Photovoltaik zu investieren.

Eine Einordnung von Jan Dobertin

Jan Dobertin

Leitung Vertrieb / Geschäftsentwicklung

Hohe Dynamik an den Energiemärkten und beim Klimawandel

Aktuell erleben wir an den Energiemärkten eine Zeit der Extreme. Schwankten vor einem Jahr die Stundenpreise an der Strombörse Epex-Spot am 24. November noch zwischen 3,26 Cent je Kilowattstunde (kWh) und 5,59 Cent/kWh, lagen die Werte am gleichen Tag 2021 mit 17,16 Cent/kWh bzw. 38,50 Cent/kWh mehr als das Fünffache höher.[1] Zudem kletterten auch die Preise im europäischen Zertifikatehandel in den letzten Novembertagen mit über 74,00 € je Tonne auf ein neues Allzeithoch.[2] Unternehmen, die sich für das neue Jahr mit Strom eindecken müssen, sehen sich mit deutlichen Preissteigerungen konfrontiert. Im November 2021 lag der durchschnittliche Strompreis für Industrie- und Gewerbekunden inkl. aller Abgaben und Umlagen bereits beim bisherigen Höchstwert von knapp 21 Cent/kWh.[3] Angesichts der aktuellen Preisentwicklungen ist davon auszugehen, dass dieser Wert 2022 nochmals zulegen wird.[4] Aber nicht nur die Energiepreise bewegen sich aktuell hochdynamisch. Auch klimapolitisch wird der Handlungsdruck immer größer. Im Mai dieses Jahres wurde mit 419 „parts per million“ (ppm) ein neuer Höchstwert der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre gemessen. Zudem werden die weltweiten CO2-Emissionen 2021 voraussichtlich wieder auf das Vor-Corona-Niveau aus dem Rekordjahr 2019 steigen.[5]

Neuer Koalitionsvertrag mit ambitionierten energiepolitischen Zielen

Genau in dieser Zeit legt die neue Koalition aus SPD, Grünen und FDP ihr Regierungsprogramm für die nächsten vier Jahre vor. Waren die Themen Klimaschutz und Energiewende angesichts der gewaltigen Aufgaben bereits im Wahlkampf prominent vertreten, lesen sich die entsprechenden Seiten im Koalitionsvertrag durchaus ambitioniert.[6] So soll die Energie-, Klima- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5 Grad-Pfad ausgerichtet und Deutschland bis spätestens 2045 Klimaneutralität erreicht haben. Galt vorher das Ziel eines Anteils von 65 % Erneuerbare Energie am Bruttostrombedarf des Jahres 2030, soll der Anteil bis dahin nun auf 80 % steigen. Dabei wird endlich anerkannt, dass sich der Stromverbrauch aufgrund wachsender Strombedarfe im Wärme- und Mobilitätssektor (Wärmepumpen, E-Mobilität, …) sowie im Industriebereich (Stichwort „Grüner Wasserstoff“) bis 2030 nochmals deutlich erhöhen wird. Eine für Energieexperten seit Langem absehbare Entwicklung, die im Bundeswirtschaftsministerium unter Peter Altmaier in den letzten Jahren aber nicht anerkannt wurde. Der neue Realismus im Koalitionspapier geht mit der Ehrlichkeit einher, dass der jährliche Ausbau Erneuerbarer Energien künftig massiv zulegen muss.

Photovoltaik soll bis 2030 auf 200 Gigawatt ausgebaut werden

Dementsprechend werden für eine zentrale Säule der Energiewende, die Photovoltaik, im Koalitionspapier neue Ausbauziele definiert. So soll die installierte Leistung der PV bis 2030 auf ca. 200 Gigawatt (GW) wachsen. Das ist mehr als das Dreifache der knapp 60 Gigawatt PV-Leistung, die Ende des Jahres 2021 auf Dächern und Freiflächen in Deutschland installiert sind.[7] In den nächsten 9 Jahren muss mithin gut die doppelte Leistung errichtet werden, die in den vergangenen 20 Jahren ans deutsche Stromnetz angeschlossen wurde. Wird der PV-Ausbau im Jahr 2021 voraussichtlich bei gut 5 GW liegen, müssen es 2022 bis 2030 durchschnittlich also ca. 15 GW pro Jahr sein. Damit dieses gigantische Ausbauprogramm gelingt, muss der Photovoltaikausbau nun rasant Fahrt aufnehmen. Dazu heißt es wortwörtlich im Koalitionspapier: „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden“.[8] Im gewerblichen Neubau soll die PV zur Pflicht werden, im privaten Neubau zur Regel. Bürokratische Hürden sollen abgebaut, Ausschreibungsvolumina erhöht, Netzanschlüsse und Zertifizierungsverfahren beschleunigt sowie Vergütungssätze überprüft werden. Zweifelsohne wichtige Vorhaben, die für einen dynamischen PV-Ausbau nun auch rasch in die Tat umgesetzt werden müssen.

PV-Eigenversorgung für Unternehmen schon jetzt attraktiv – Regierungspläne setzen starke zusätzliche Investitionsimpulse

Zugleich ist festzuhalten, dass die Wirtschaftlichkeit der PV-Eigenversorgung bereits in den letzten Jahren für Unternehmen attraktiv war. Dies gilt vor dem Hintergrund der aktuell stark steigenden Energiepreise umso mehr. Zudem sorgt die im Jahr 2022 von 6,5 Cent/kWh auf gut 3,72 Cent/kWh sinkende EEG-Umlage dafür, dass sich die Rentabilität der PV-Eigenversorgung nochmals verbessert. Müssen bisher in Deutschland für jede eigenverbrauchte Kilowattstunde Solarstrom 40% der gültigen EEG-Umlage abgeführt werden, sinkt die Eigenverbrauchsumlage 2022 so entsprechend von 2,6 Cent/kWh auf 1,49 Cent/kWh. Im Vergleich zu den steigenden Stromtarifen der Energieversorger sind so Strombezugspreise aus der PV-Anlage von deutlich unter 10 Cent/kWh möglich. Hinzu kommt der Plan der neuen Regierungskoalition, die EEG-Umlage zum 01. Januar 2023 gänzlich abzuschaffen. So soll die Umlage künftig nicht mehr über den Strompreis, sondern durch Haushaltsmittel und den so genannten Energie- und Klimafonds (EKF) gedeckt werden, der wiederum durch die Einnahmen aus den Emissionshandelssystemen gespeist wird.[9] Dieser Schritt wird neben direkten Entlastungen des Strompreises auch die Wirtschaftlichkeit des PV-Eigenverbrauchs nochmals verbessern. Vor allem wird die Abschaffung der EEG-Umlage aber eine erhebliche Erleichterung des bürokratischen Aufwandes für Betreiber von bestehenden und neuen PV-Anlagen bedeuten.

Fazit: Nie lag es für Unternehmen näher, in die eigene Stromversorgung mit PV zu investieren

In der Startphase der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP zeigt das Koalitionspapier: Die Nutzung von PV-Strom ist wirtschaftlich vorteilhaft, wird energiepolitisch getragen und ist klimapolitisch dringender denn je. Daher macht es für Unternehmen gerade jetzt Sinn, ihre Dach- und Werksflächen in den Blick zu nehmen und auf eine kostengünstige Versorgung mit klimafreundlichem Strom zu setzen. Zugleich sichern sich die Unternehmen so langfristig gegen weitere Preissteigerungen ab und machen künftige Entwicklungen an den Energiemärkten für sich kalkulierbarer. Mit den energiepolitischen Plänen der neuen Bundesregierung leuchtet die Ampel für die Photovoltaik somit tiefgrün. Jetzt gilt es für die Unternehmen zügig loszufahren!

Quellverweis:

[1] Vgl. Preise der EPEX-Spot DE für reine Energie ohne Zuschläge und ohne Grünstromzertifikate für den 24.11.2020 und 24.11.2021, abgebildet auf der Internetseite der Voltego GmbH, abrufbar unter www.voltego.de , Stand 28.11.2021;

[2] Vgl. „Wegen Klimazielen der Ampel – CO2-Preis klettert in der EU auf neuen Höchstwert“, Artikel unter N.TV.de vom 25.11.2021, abrufbar unter www.n-tv.de/wirtschaft/CO2-Preis-klettert-in-EU-auf-Hoechstwert-article22957036.html , Stand 28.11.2021;

[3] Vgl. Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft: Strompreisanalyse November 2021 – Haushalte und Industrie, Folie 25, abrufbar unter https://www.bdew.de/media/documents/20211115_BDEW-Strompreisanalyse_November-2021.pdf Stand 30.11.2021

[4] Vgl. „Verbraucherschutz ist alarmiert – Gaspreise und Strompreise steigen in astronomische Höhen“ Artikel unter kreiszeitung.de vom 28.11.2021, abrufbar unter www.kreiszeitung.de/deutschland/gaspreise-und-strompreise-steigen-in-astronomische-hoehen-preiserhoehung-anbieterwechse-kuendigung-2021l-elektrizitaet-co2-verbraucherzentrale-91129754.html , Stand 28.11.2021;

[5] Vgl. Kixmüller, Jan : „Treibhausgas weiter auf Rekordkurs – CO2-Emissionen wieder auf Vor-Krisen-Niveau“, Artikel in DER TAGESSPIEGEL vom 04.11.2021, abrufbar unter, www.tagesspiegel.de/wissen/treibhausgas-weiter-auf-rekordkurs-co2-emissionen-wieder-auf-vor-krisen-niveau/27770714.html , Stand 28.11.2021;

[6] Vgl. „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP (2021), abrufbar unter www.wiwo.de/downloads/27830022/8/koalitionsvertrag-2021-2025.pdf , S.54ff., Stand 28.11.2021;

[7] Vgl. zu den Marktdaten des Photovoltaikausbaus in Deutschland 2020 und 2021: Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) (2021): Statistische Zahlen der deutschen Solarstrombranche (Photovoltaik), Berlin, abrufbar unter https://www.solarwirtschaft.de/datawall/uploads/2021/02/BSW_Faktenblatt_Photovoltaik_Update_2020-1.pdf  , Stand 28.11.2021 sowie Enkhardt, Sandra(2021): „PV-Ausbau im September wieder über 400 Megawatt – Einspeisevergütung für kleine Dachanlagen fällt unter 7 Cent im Dezember“, Artikel im PV-Magazine vom 01.11.2021, abrufbar unter https://www.pv-magazine.de/2021/11/01/photovoltaik-zubau-im-september-wieder-ueber-400-megawatt-einspeiseverguetung-fuer-kleine-dachanlagen-faellt-unter-7-cent-im-dezember/ , Stand 28.11.2021;

[8] Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP (2021), Seite 54

[9] Ebd. , Seite 62;

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